Unwirksamkeit der Wartezeitkündigung bei fehlendem Präventionsverfahren LAG Köln,
Urteil vom 12.09.2024 (Az.: 6 SLa 76/24)

Ausgabe 57 | Oktober 2024
Die beklagte Kommune kündigte dem mit einem Grad der Behinderung von 80 bei ihr beschäftigten Kläger innerhalb der Probezeit, ohne zuvor ein Präventionsverfahren durchgeführt zu haben.

Bei einem Präventionsverfahren nach § 167 SGB IX handelt es sich um ein kooperatives Klärungsverfahren, das Arbeitgeber unter Beteiligung internen und externen Sachverstandes (insbesondere Schwerbehindertenvertretung, Integrationsamt, Rehabilitationsträger) durchführen müssen, wenn der Arbeitsplatz eines schwerbehinderten Arbeitnehmers gefährdet ist. Ein unterlassenes Präventionsverfahren kann zur Unwirksamkeit einer Kündigung führen, da in einem solchen Fall vermutet wird, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen dessen Schwerbehinderung diskriminiert hat.

Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt. Auf die Berufung der Beklagten wies das LAG diese ab. Gegen das Urteil kann Revision beim BAG eingelegt werden.

Das LAG entschied, dass der Arbeitgeber entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 21.04.2016 – 8 AZR 402/14) verpflichtet sei, bei auftretenden Schwierigkeiten bereits innerhalb der ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses ein Präventionsverfahren durchzuführen. Aufgrund der auch vom BAG angenommenen strukturellen Probleme, ein Präventionsverfahren innerhalb der Probezeit zum Abschluss zu bringen, hat das LAG für diese Sonderkonstellation eine Beweiserleichterung zugunsten des Arbeitgebers angenommen, um die Probezeitkündigung gegenüber einem schwerbehinderten Menschen nicht faktisch unmöglich zu machen.

Im vorliegenden Fall konnte die beklagte Kommune widerlegen, dass sie dem Kläger wegen der Schwerbehinderung gekündigt hatte. Daher führte die Tatsache, dass kein Präventionsverfahren durchgeführt wurde, nicht zur Unwirksamkeit der Probezeitkündigung.