Mitwirkungsanforderungen beim Zusatzurlaub von schwerbehinderten Arbeitnehmern
BAG, Urteil vom 30.11.2021 (Az.: 9 AZR 143/21)
Ausgabe 49 | Juni 2022
Nachdem ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, verlangte er Zusatzurlaub für
schwerbehinderte Menschen aus den Jahren 2016 bis 2018 in dem Umfang von insgesamt zwölf
Tagen. Seinem Urlaubsantrag legte er erstmalig eine Kopie seines Schwerbehindertenausweises
bei. Da die Arbeitgeberin dem Urlaubsverlangen nicht entsprach, verlangte der Arbeitnehmer nach
Beendigung seines Arbeitsverhältnisses die Abgeltung des Zusatzurlaubs.
Das BAG verwies die Klage zurück an das LAG. Bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses sei nur
offener Zusatzurlaub abzugelten. Ob der Zusatzurlaub vorliegend noch offen war, habe das LAG
jedoch nicht ausreichend geklärt.
Die Befristung des Anspruchs auf Zusatzurlaub nach § 208 I 1 SBG IX sei nicht von der Erfüllung der
Aufforderungs- und Hinweisobliegenheit des Arbeitgebers abhängig, sofern es dem Arbeitsgeber
unmöglich war, seinen Obliegenheiten nachzukommen. Dies sei der Fall, wenn der Arbeitnehmer
den Arbeitgeber nicht über seine Behinderung aufgeklärt hat und diese auch nicht offenkundig ist.
Unterlasse es der Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber seine Behinderteneigenschaft mitzuteilen, könne
der Zusatzurlaub nach § 208 I 1 SGB IX verfallen, obwohl der Zusatzurlaub nicht disponibel und ein
wirksamer Verzicht nicht möglich sei.