Mitbestimmung des Betriebsrats bei Twitter-Account LAG Hamburg, Beschluss vom 13.09.2018 (Az.: 2 TaBV 5/18)
Ausgabe 36 | Dezember 2018
Die Arbeitgeberin, die bundesweit mehrere Multiplex-Kinos betreibt, unterhält auf der Internetplattform Twitter eine Seite, die keinem konkreten Kino zugeordnet ist, sondern betriebsübergreifend genutzt wird. Die Administration erfolgt über ein Social Media Team in der Hamburger Zentralverwaltung. Auf Twitter können Kurznachrichten, sogenannte Tweets, mit bis zu 140 Zeichen Länge verbreitet werden. Bei jedem Tweet wird die Funktion „Antworten“ bereitgestellt, die sich nicht deaktivieren lässt.
Der Gesamtbetriebsrat forderte die Arbeitgeberin auf, ihren Twitter-Account zu deaktivieren, bis er seine Zustimmung erteilt oder eine Einigungsstelle seine Zustimmung ersetzt hat.
Das Arbeitsgericht hatte den Unterlassungsanspruch des Gesamtbetriebsrats zurückgewiesen. Das LAG hingegen stellte fest, dass Twitter zumindest aufgrund der Funktion „Antworten“ eine technische Einrichtung sei, die dazu geeignet ist, Daten über das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer zu sammeln, da die Funktion „Antworten“ es den Twitter-Nutzern ermögliche, auf Tweets der Arbeitgeberin Kommentare zum Verhalten und zur Leistung der Arbeitnehmer einzustellen, die sowohl für die Arbeitgeberin als auch für registrierte Twitter-Nutzer sichtbar sind.
Auch wenn die Antworten auf die Tweets der Arbeitgeberin nur für registrierte Nutzer und nur nach Betätigen eines Links des Antwortenden sichtbar seien, sei eine Mitbestimmungspflicht gegeben, da die Arbeitgeberin die Antworten je nach ihrem Inhalt namentlich oder situationsbedingt einem
bestimmten Arbeitnehmer zuordnen und somit zur Verhaltens- und Leistungskontrolle verwenden kann. Die Arbeitgeberin nutze Twitter nicht nur, um sich nach außen zu präsentieren, sondern auch um einen „offenen Meinungsaustausch“ mit ihren Kunden zu erreichen. Dass die Antworten auf die Tweets der Arbeitgeberin „auf den Accounts der Antwortenden verbleiben“ und von der Arbeitgeberin nicht gelöscht werden können, rechtfertigt nach Ansicht des LAG keine anderer Beurteilung. Der Schutz-zweck des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gebiete keine einschränkende Auslegung.