Keine sachgrundlose Befristung nach Vorbeschäftigung BVerfG, Urteil vom 06.06.2018 (Az.: 1 BvR 1375/14 u.a.)
Ausgabe 34 | Juni 2018
Vor dem Bundesverfassungsgericht waren zwei Verfahren anhängig, in denen Arbeitnehmer die Entfristung ihrer Arbeitsverhältnisse geltend gemacht hatten mit der Begründung, die sachgrundlosen Befristungen seien wegen einer Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber unwirksam.
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass das Vorbeschäftigungsverbot in § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG, welches keine zeitliche Einschränkung beinhaltet, verfassungsgemäß ist. Die vom BAG vorgenommene Auslegung des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG, wonach eine wiederholte sachgrundlose Befristung zwischen denselben Vertragsparteien immer dann gestattet sei, wenn zwischen den Arbeitsverhältnissen ein Zeitraum von mehr als drei Jahren liegt, ist dagegen mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
Das Verbot sachgrundloser Befristungen eines Arbeitsvertrags, wenn zwischen den Vertragsparteien bereits einmal ein Beschäftigungsverhältnis vorlag, beeinträchtige zwar die Berufswahlfreiheit von Arbeitssuchenden und die berufliche und wirtschaftliche Betätigungsfreiheit von Arbeitgebern. In der Abwägung mit dem Schutz der Beschäftigten und den im Sozialstaatsprinzip verankerten sozial- und beschäftigungspolitischen Zielsetzungen sei dies aber grundsätzlich zumutbar.
Unzumutbar ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ein generelles Verbot der sachgrundlosen Befristung bei nochmaliger Einstellung allerdings dann, wenn und soweit eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist, wie etwa geringfügige Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studienzeit oder der Familienzeit, die Tätigkeit von Werkstudierenden oder die lang zurückliegende Beschäftigung von Menschen, die sich später beruflich völlig neu orientieren.