Heimliche Aufzeichnung von Personalgesprächen
ArbG Freiburg, Urteil vom 27.10.2022
(Az.: 2 Ca 193/22)
Ausgabe 52 | März 2023
Nachdem der Kläger für ihn überraschend zu einem Personalgespräch eingeladen worden war, in dem
ihm die Beklagte mitteilte, sich von ihm trennen zu wollen, fühlte dieser sich in die Ecke gedrängt und
überrumpelt. Angesichts seiner Verunsicherung aufgrund dieses Gesprächs erstellte er von dem nächsten Gespräch mit der Beklagten eine Tonaufzeichnung. Seine Gesprächspartner hatte der Arbeitnehmer
hierüber weder informiert noch deren Zustimmung eingeholt. Der Kläger gab an, er habe sich mit der
Tonaufzeichnung selbst schützen wollen und nicht beabsichtigt, die Aufnahme in irgendeiner Weise zu
verwenden. Dass derartige Aufnahmen verboten seien, habe er nicht gewusst.
Nachdem die Beklagte ihm gekündigt hatte, bot der Kläger die Tonaufzeichnung im Kündigungsschutzverfahren als Beweis an. Auf diese Weise erfuhr die Beklagte von der Aufzeichnung und kündigte das
Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos sowie hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin.
Hiergegen wehrte sich der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage.
Nach dem Urteil des Arbeitsgerichts wurde das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung,
nicht jedoch durch die fristlose Kündigung beendet.
Das heimliche Aufzeichnen eines Personalgesprächs sei an sich geeignet, eine außerordentliche
Kündigung zu rechtfertigen. Der Kläger habe die Vertraulichkeit des Wortes im Sinne von § 201 Abs.
1 Nr. 1 StGB und auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG)
und damit die ihm nach § 241 II BGB obliegende Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen der Beklagten verletzt.
In seiner Interessenabwägung hielt das Arbeitsgericht die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die
Dauer der Kündigungsfrist für die Beklagte für zumutbar und daher die außerordentliche Kündigung
für unwirksam. Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung sei jedoch auch ohne vorherige
Abmahnung sozial gerechtfertigt. Eine dauerhafte Zusammenarbeit sei der Beklagten nicht zumutbar,
nachdem die Beklagte das Vertrauen in die Person des Klägers verloren habe. Gegen die Entscheidung
wurde Berufung eingelegt.