Falsche Beantwortung der Frage nach einer Schwerbehinderung BAG, Urteil vom 07.07.2011 (Az.: 2 Sa 396/10)
Ausgabe 07 | September 2011
In diesem vom BAG entschiedenen Fall stritten die Parteien über die Wirksamkeit einer von der Arbeitgeberin erklärten Anfechtung und Kündigung des Arbeitsvertrages. Die Arbeitgeberin hatte die Anfechtung und Kündigung des Arbeitsvertrages erklärt, nachdem sie feststellte, dass die Arbeitnehmerin bei ihrer Einstellung die Frage nach dem Bestehen einer Schwerbehinderung unzutreffend verneint hatte.
Das BAG stellte zunächst heraus, dass die falsche Beantwortung einer dem Arbeitnehmer bei der Einstellung zulässigerweise gestellten Frage den Arbeitgeber dazu berechtigen könne, den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Dies setze voraus, dass die Täuschung für den Abschluss des Arbeitsvertrages ursächlich war. Wirkt sich die Täuschung im Arbeitsverhältnis weiterhin aus, könne zudem eine Kündigung gerechtfertigt sein.
Auf dieser Grundlage gelangte das BAG vorliegend zu dem Ergebnis, dass sowohl die Anfechtung als
auch die Kündigung des Arbeitsvertrages unwirksam erfolgt seien. Denn die Täuschung über das Bestehen einer Schwerbehinderung sei nicht ursächlich für den Abschluss des Arbeitsvertrages gewesen, da die Arbeitgeberin ausdrücklich erklärt hatte, sie hätte die Arbeitnehmerin auch dann eingestellt, wenn diese die Frage wahrheitsgemäß beantwortet hätte.
Die Anfechtung und Kündigung seien auch nicht deshalb wirksam, weil die Arbeitnehmerin – wie
die Arbeitgeberin behauptet – sie zugleich über ihre Ehrlichkeit getäuscht habe. Die Annahme der
Arbeitgeberin, die Arbeitnehmerin sei ehrlich, beruhe nämlich nicht auf deren falscher Antwort. Die umstrittene Frage, ob sich der Arbeitgeber im Einstellungsgespräch nach dem Bestehen einer Schwerbehinderung erkundigen darf, konnte hiernach abermals offen bleiben. Insoweit bleibt die wünschenswerte Klarstellung des BAG also weiterhin abzuwarten.
Mangels ausreichender Hinweise ließ das BAG ebenfalls offen, ob § 15 AGG, der eine Entschädigungs-
und Schadensersatzpflicht im Falle einer Benachteiligung regelt, auf unzulässig diskriminierende
Kündigungen anwendbar ist.