BAG AKTUELL: Rechtsprechungsänderung: Unterrichtung über Betriebsübergang BAG,
Urteil vom 21.03.2024 (Az.: 2 AZR 79/23)
Ausgabe 57 | Oktober 2024
Die Beklagte, ein Unternehmen im Automobilsektor, versetzte den bei ihr beschäftigten Kläger in einen
anderen Betriebsteil, den sie einen Monat später veräußerte. Der Kläger erklärte, der Versetzung nur
unter Vorbehalt nachzukommen und deren Rechtmäßigkeit gerichtlich prüfen lassen zu wollen. Erst
etwa ein Jahr später widersprach er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a BGB und
verlangte die Fortsetzung seiner Beschäftigung bei seinem früheren Arbeitgeber. Er war der Ansicht,
die einmonatige Widerspruchsfrist habe aufgrund eines fehlerhaften Unterrichtungsschreibens nicht
zu laufen begonnen.
Nachdem die Instanzgerichte die Klage abgewiesen hatten, war die Revision des Klägers teilweise
erfolgreich.
Das BAG entschied, dass die Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB den betroffenen Arbeitnehmer in
die Lage versetzen soll, sachgerecht zu entscheiden, ob er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses
widersprechen möchte. Der Arbeitnehmer müsse daher so informiert werden, dass er sich über den
Gegenstand des Betriebsübergangs und die Identität des Übernehmers sowie über die in § 613a Abs.
5 BGB genannten Umstände “ein Bild machen” könne. Dem Arbeitnehmer solle es zudem ermöglicht
werden, sich weitergehende Informationen und Beratung einzuholen.
Fehler bei der Unterrichtung, die für den Entscheidungsprozess des Arbeitnehmers bezüglich des Übergangs seines Arbeitsverhältnisses regelmäßig ohne Bedeutung sind, führten dagegen nicht dazu, dass
die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht zu laufen beginne.
An den Inhalt einer Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs dürften entgegen der früheren Ansicht des BAG keine derart hohen Anforderungen gestellt werden, dass das
Unterrichtungsschreiben “keinen juristischen Fehler” enthalten darf. Daher war in dem nun vom BAG entschiedenen Fall das Unterrichtungsschreiben nach § 613a BGB nicht bereits deshalb fehlerhaft, weil
aus ihm nicht hervorging, welche operative Tätigkeit der Betriebserwerberin und welche der Konzernobergesellschaft zuzuordnen war.
Da der Kläger seiner Versetzung nur unter Vorbehalt zugestimmt hatte, konnte die Klage nach
Ansicht des BAG nicht mit der Begründung des LAG abgewiesen werden, der Kläger habe sein Recht
verwirkt, sich auf die Unwirksamkeit der Versetzung in die übergegangene Einheit zu berufen. Für
ein abschließendes Urteil sei vielmehr die Feststellung nötig, ob der Kläger dem übergegangenen
Betriebsteil wirksam zugeordnet war. Da entsprechende Feststellungen der Vorinstanz fehlten,
verwies das BAG die Sache zurück an das LAG Hessen.