BAG AKTUELL:
Entgeltgleichheit von Männern und Frauen
BAG, Urteil vom 16.02.2023 (Az.: 8 AZR 450/21)
Ausgabe 52 | März 2023
Die Klägerin war seit dem 01.03.2017 bei der Beklagten zu einem einzelvertraglich vereinbarten
Gehalt in Höhe von € 3.500 brutto als Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb beschäftigt. Ab August
2018 richtete sich ihre Vergütung nach einem Haustarifvertrag.
Neben der Klägerin war bei der Beklagten seit dem 01.01.2017 ein männlicher Außendienstmitarbeiter im
Vertrieb beschäftigt, dem die Beklagte ein Grundgehalt in gleicher Höhe angeboten hatte, was dieser
jedoch ablehnte. Auf seine Forderung hin erhielt dieser bis zum Einsetzen einer leistungsabhängigen
Vergütung im Oktober 2017 stattdessen ein Grundgehalt in Höhe von € 4.500 brutto. Von November
2017 bis Juni 2018 erhielt der männliche Kollege wie die Klägerin ein Grundgehalt in Höhe von € 3.500
brutto zzgl. leistungsabhängiger Zusatzvergütung. Für den Monat Juli 2018 vereinbarte die Beklagte
mit diesem sodann eine Erhöhung seines Grundgehalts auf € 4.000 brutto mit der Begründung, er
folge einer ausgeschiedenen, besser vergüteten Vertriebsmitarbeiterin nach. Ab August 2018 zahlte die
Beklagte dem männlichen Kollegen ein tarifvertragliches Grundentgelt nach derselben Entgeltgruppe
wie der Klägerin.
Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage u. a. die Zahlung rückständiger Vergütung für die Zeiträume
März bis Oktober 2017 i.H.v. jeweils € 1.000 brutto sowie für den Monat Juli 2018 i.H.v. € 500 brutto.:
Arbeitsgericht und LAG wiesen die Klage ab, die Revision der Klägerin vor dem BAG hatte dagegen
Erfolg.
Nach der Entscheidung des BAG hat die Beklagte die Klägerin aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt,
indem sie ihr ein niedrigeres Gehalt zahlte als ihrem männlichen Kollegen, obwohl beide die gleiche Arbeit verrichteten. Die Klägerin habe daher Anspruch aus Art. 157 AEUV, §§ 3 Abs. 1, 7 EntgTranspG
auf das gleiche Grundgehalt wie ihr männlicher Kollege. Der Umstand, dass die Klägerin für die gleiche
Arbeit ein niedrigeres Gehalt erhalten habe als ihr Kollege, begründe die Vermutung nach § 22 AGG,
dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist.
Der Beklagten sei es nicht gelungen, diese Vermutung zu widerlegen. Nach Ansicht des BAG könne
sich die Beklagte für den Zeitraum März bis Oktober 2017 nicht allein darauf berufen, das höhere
Grundgehalt des Kollegen beruhe nicht auf dem Geschlecht, sondern auf dem Umstand, dass dieser
ein höheres Entgelt ausgehandelt habe. Für den Monat Juli 2018 könne die Beklagte die Vermutung
nicht mit der Begründung widerlegen, der Kollege sei einer besser vergüteten ausgeschiedenen
Arbeitnehmerin nachgefolgt.
Hinweisen möchten wir darauf, dass Differenzierungen in Bezug auf das Entgelt auch weiterhin
zulässig sind, wenn sie objektiv und geschlechtsneutral begründet werden können. Dies sollte daher
gegebenenfalls entsprechend dokumentiert werden. In § 3 III 2 EntgTranspG werden beispielhaft
„arbeitsmarkt-, leistungs- und arbeitsergebnisbezogene Kriterien“ genannt. In diesem Zusammenhang
bleibt die Begründung des Urteils des BAG abzuwarten, das bislang lediglich als Pressemitteilung
vorliegt.