Außerordentliche Kündigung unverzüglich nach Zustimmung des Integrationsamts BAG, Urteil vom 27.02.2020 (Az.: 2 AZR 390/19)
Ausgabe 41 | Juni 2020
Die beklagte Arbeitgeberin beantragte am 08.04.2016 die Zustimmung des Integrationsamtes zu einer (weiteren) außerordentlichen Kündigung der Klägerin, nachdem die Klägerin sie nach einer ersten fristlosen Kündigung am 28.03.2016 über ihren Antrag auf Feststellung ihrer Schwerbehinderung informierte. Das Integrationsamt erteilte mit Bescheid vom 20.04.2016 die Zustimmung, die beim Prozessbevollmächtigen der Beklagten am 22.04.2016 einging. Die Beklagte kündigte daraufhin mit Schreiben vom 26.04.2016, welches der Klägerin am 28.04.2016 zuging, erneut außerordentlich fristlos.
Das Arbeitsgericht gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Das LAG wies die dagegen gerichtete Berufung wegen Versäumung der Frist nach § 626 Abs. 2 BGB zurück. Die Revision der Beklagten war erfolgreich.
Nach dem Urteil des BAG war die Kündigung nicht bereits deshalb unwirksam, weil sie nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt wurde. Die Sache wurde daher unter Erteilung von Hinweisen zur erneuen Verhandlung an das LAG zurückverwiesen.
Eine außerordentliche Kündigung könne auch nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erfolgen, wenn sie unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung des Integrationsamts erklärt werde (§ 91 Abs. 5 SGB IX a.F. / § 174 Abs. 5 SGB IX n.F.). Unverzüglich bedeute dabei „ohne schuldhaftes Zögern“. Schuldhaft sei ein Zögern, wenn das Zuwarten durch die Umstände des Einzelfalls nicht geboten sei. Da „unverzüglich“ weder „sofort“ bedeute noch mit einer starren Zeitvorgabe verbunden sei, komme es auf eine verständige Abwägung der beiderseitigen Interessen an. Nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche sei indes ohne das Vorliegen besonderer Umstände grundsätzlich keine Unverzüglichkeit mehr gegeben.
Zudem sei die Zustimmung des Integrationsamts erteilt, sobald eine solche Entscheidung innerhalb der Frist des § 91 Abs. 3 S.1 SGB IX a.F. / § 174 Abs. 3 S.1 SGB IX n.F. getroffen und der antragstellende Arbeitgeber hierüber in Kenntnis gesetzt worden ist oder wenn eine Entscheidung innerhalb der Frist nicht getroffen worden ist; in diesem Fall gilt die Zustimmung mit Ablauf der Frist gem. § 91 Abs. 3 S.2 SGB IX a.F./ § 174 Abs. 3 S.2 SGB IX n.F. als erteilt.