Ausschlussfristen müssen Mindestlohnansprüche ausnehmen BAG, Urteil vom 18.09.2018 (Az.: 9 AZR 162/18)
Ausgabe 35 | September 2018
Der Kläger war beim Beklagten als Fußbodenleger beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2015 ist geregelt, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht wurden. Nachdem der Beklagte das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, schlossen die Parteien im Kündigungsrechtsstreit einen Vergleich, nach dem das Arbeitsverhältnis zum 15.09.2016 endet und sich der Beklagte verpflichtete, das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungstermin ordnungs-gemäß abzurechnen. Die vom Beklagten erstellte Abrechnung, die dem Kläger am 6.10.2016 zu-ging, wies keine Urlaubsabgeltung aus. In dem vom Kläger am 17.01.2017 anhängig gemachten Verfahren berief sich der Beklagte darauf, der Kläger habe den Anspruch nicht innerhalb der vertraglichen Ausschlussfrist geltend gemacht.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das LAG hat sie abgewiesen. Die Revision vor dem BAG hatte Erfolg.
Nach Ansicht des BAG ist eine vom Arbeitgeber vorformulierte arbeitsvertragliche Verfallklausel, die ohne jede Einschränkung alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn gemäß § 1 MiLoG erfasst, insgesamt unwirksam. Die Ausschlussklausel verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Sie ist nicht klar und verständlich, weil sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG den ab 1. Januar 2015 zu zahlenden Mindest-lohn nicht ausnimmt. Die Klausel kann deshalb auch nicht für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechterhalten werden (§ 306 BGB), denn § 3 S. 1 MiLoG schränkt weder seinem Wortlaut noch seinem Sinn und Zweck nach die Anwendung der §§ 306, 307 Abs. 1 S. 2 BGB ein.