Arbeitszeitbetrug als Kündigungsgrund BAG, Urteil vom 09.06.2011 (Az.: 2 AZR 381/10)
Ausgabe 07 | September 2011
Das BAG hatte sich erneut mit der für die Praxis besonders relevanten Frage zu befassen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine unrichtige Arbeitszeiterfassung die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigt.
Die Klägerin war bereits seit 17 Jahren bei einer Krankenkasse beschäftigt, als auffiel, dass sie ihre
Arbeitszeit unkorrekt erfasst hatte. Nach einer für das Arbeitsverhältnis geltenden tariflichen Regelung
begann und endete die Arbeitszeit „an der Arbeitsstelle“. Zudem waren alle Arbeitnehmer in einer
Dienstvereinbarung darauf hingewiesen worden, dass jedes bewusste Unterlassen der Zeiterfassung
oder jede sonstige Manipulation eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstelle, die arbeitsrechtliche
Konsequenzen nach sich zieht.
Die Klägerin erfasste ihre Arbeitszeit dergestalt, dass sie in das elektronische Zeiterfassungssystem
am Arbeitsplatz als Beginn ihrer Arbeitszeit den Zeitpunkt eintrug, zu dem sie mit ihrem Fahrzeug die
dienstliche Parkplatzeinfahrt durchfahren hatte. Sie argumentierte in diesem Zusammenhang, dass sie
aufgrund der Knappheit der Parkplätze zudem häufig viel Zeit mit der Suche nach einem Parkplatz
verbracht habe.
Das BAG bekräftigte mit dieser Entscheidung seine konsequente Linie zum Arbeitszeitbetrug und führte
aus, dass es sich bei den von der tariflichen Regelung und der Dienstvereinbarung abweichenden
Eintragungen der Klägerin um einen Arbeitszeitbetrug gehandelt habe, der einen wichtigen Grund
zur außerordentlichen Kündigung darstellte. Denn Arbeitgeber müssten auf eine korrekte Eintragung
der Arbeitszeit durch ihre am Gleitzeitmodell teilnehmenden Arbeitnehmer vertrauen können. Ein
vorsätzlich falsches Erfassen der Arbeitszeit stelle daher in der Regel einen schweren Vertrauensmissbrauch dar.
Aufgrund des vorsätzlichen und systematischen Fehlverhaltens durch die Klägerin war nach Auffassung
des BAG auch eine Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung nicht erforderlich.
Um in vergleichbaren Fällen mit guten Erfolgsaussichten mit dem „scharfen Schwert“ der außerordentlichen Kündigung reagieren zu können, ist es unbedingt erforderlich, im Vorhinein eindeutige und nachweisbare Vorgaben für die Arbeitszeiterfassung zu machen, also insbesondere auch zu definieren, welche Zeitpunkte als Beginn oder Ende der Arbeits- oder Pausenzeit anzusehen sind.