Praktikumszeit nicht auf Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen BAG, Urteil vom 19.11.2015 (Az.: 6 AZR 844/14)
Ausgabe 24 | Dezember 2015
Die Parteien schlossen einen Berufsausbildungsvertrag mit einer Probezeit von drei Monaten. Die Zeit bis zum Beginn der Ausbildung überbrückten die Parteien mit einem „Praktikumsvertrag“. Noch vor seinem dreimonatigem Bestehen kündigte die Beklagte das Berufsausbildungsverhältnis.
Der Auszubildende hielt die Kündigung für unwirksam, da sie erst nach Ablauf der Probezeit erklärt worden sei. Denn das dem Berufsausbildungsverhältnis vorausgegangene Praktikum sei auf die Probezeit anzurechnen. Seine Klage blieb jedoch in allen Instanzen erfolglos.
Das BAG urteilte, dass das Berufsausbildungsverhältnis gemäß § 22 Abs. 1 BBiG ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden konnte. Die Tätigkeit des Auszubildenden im Rahmen seines Praktikums sei nicht zu berücksichtigen. § 20 S. 1 BBiG ordne vielmehr zwingend an, dass ein Berufsausbildungsverhältnis mit einer Probezeit beginnt. Diese solle den Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit geben, die für die Ausbildung im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen. Dies sei nur unter den Bedingungen des Berufsausbildungsverhältnisses mit seinen spezifischen Pflichten möglich, weshalb die Dauer eines vorausgegangen Praktikums nicht anzurechnen sei. Auf Inhalt und Zielsetzung des Praktikums komme es dabei nicht an. Dasselbe gelte darüber hinaus auch dann, wenn es sich nicht wie im vorliegenden Fall um ein Praktikum, sondern um ein vorangegangenes Arbeitsverhältnis gehandelt hätte.