Darlegungslast bezüglich Fortsetzungserkrankungen
BAG, Urteil vom 18.01.2023 (Az.: 5 AZR 93/22)
Ausgabe 53 | Juni 2023
Nach wiederholter Erkrankung eines Arbeitnehmers verweigerte der Arbeitgeber diesem die Entgeltfortzahlung mit der Begründung, es handele sich bei den Erkrankungen des Arbeitnehmers um Folgeerkrankungen gemäß § 3 I 2 EFZG und der Entgeltfortzahlungszeitraum sei überschritten. Mit seiner
Klage machte der Arbeitnehmer Entgeltfortzahlung für zehn Krankheitstage geltend. Die Klage blieb
ohne Erfolg.
Das BAG stellte mit seiner Entscheidung klar, dass Arbeitgeber in den ersten sechs Wochen einer
Erkrankung das Arbeitsentgelt von Arbeitnehmern fortzuzahlen haben und dies beliebig oft geschehen
könne, sofern die Arbeitsunfähigkeit nicht wiederholt auf „derselben Krankheit“ beruht. Andernfalls
seien die Sperrfristen des § 3 I 2 EFZG zu beachten. Komme es zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
zu Streitigkeiten darüber, ob eine Folgeerkrankung vorliegt, gelte eine abgestufte Darlegungslast.
Zunächst müsse der Arbeitnehmer etwa durch ärztliche Bescheinigung darlegen, dass keine Folgeerkrankung vorliege. Bestreitet der Arbeitgeber daraufhin das Nichtvorliegen einer Folgeerkrankung,
habe der Arbeitnehmer vorzutragen, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit welchen Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit bestanden haben. Ein bloßer Verweis auf Diagnoseschlüssel nach
der ICD-10-Klassifikation genüge insoweit nicht. Zudem müsse der Arbeitnehmer seine behandelnden
Ärzte nennen und diese von der Schweigepflicht entbinden. Andernfalls könne der beweisbelastete
Arbeitgeber nicht substantiiert vortragen. Diese Anforderungen hatte der Arbeitnehmer jedoch nicht
erfüllt und zudem nur zu ausgewählten Fehlzeiten vorgetragen.