AUS DER RECHTSPRECHUNG:
Rückzahlungsklausel: Eigenkündigung des Arbeitnehmers zu berücksichtigen
BAG, Urteil vom 01.03.2022 (Az.: 9 AZR 260/21)

Ausgabe 49 | Juni 2022
Die Parteien schlossen einen Fortbildungsvertrag, der eine Fortbildung auf Kosten der Arbeitgeberin an 18 Arbeitstagen in der Zeit von Juni bis Dezember 2019 vorsah. Die Arbeitnehmerin verpflichtete sich, die Gesamtkosten der Fortbildung zurückzuzahlen, wenn sie vor Ablauf der Bindungsfrist von sechs Monaten aufgrund eigener, nicht von der Arbeitgeberin zu vertretender Kündigung oder aufgrund einer vom Arbeitgeber erklärten verhaltensbedingten Kündigung ausscheidet, wobei sich der Rückzahlungsbetrag für jeden vollen Monat der Beschäftigung nach Ende der Fortbildung um 1/6 verringert. Am 03.12.2019 schloss die Arbeitnehmerin die Fortbildung erfolgreich ab, nachdem sie bereits mit Schreiben vom 29.11.2019 ihr Arbeitsverhältnis gekündigt hatte. Die Arbeitgeberin forderte daraufhin anteilige Fortbildungskosten zurück, was die Arbeitnehmerin jedoch ablehnte. Die Zahlungsklage der Arbeitgeberin blieb in allen Instanzen erfolglos.

Das BAG verneinte einen Anspruch auf Rückzahlung der Fortbildungskosten, denn die Rückzahlungsregelung halte einer Inhaltskontrolle nach § 307 I 1 BGB nicht stand und sei daher unwirksam.

Die Rückzahlungsklausel knüpfe an sämtliche Eigenkündigungen der Arbeitnehmerin an, die nicht auf einem von der Arbeitgeberin zu vertretenden Grund beruhten. Damit erstrecke sich ihr Anwendungsbereich auch auf eine Kündigung, die die Arbeitnehmerin ausspricht, weil sie unverschuldet und ohne Verursachungsbeitrag der Arbeitgeberin aus Gründen in ihrer Person dauerhaft nicht (mehr) in der Lage ist, die Qualifikation im Rahmen der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung zu erbringen. Eine solche Rückzahlungsklausel führe zu einer unangemessenen Benachteiligung und sei daher unwirksam.