Kündigung wegen eigenmächtigen
Fernbleibens für Tarifverhandlungen
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23.11.2021 (Az.: 5 Sa 88/21)
Ausgabe 48 | März 2022
Der Kläger war bei der Beklagten als Busfahrer beschäftigt. Nachdem er kurzfristig als Nachrücker in die Tarifkommission
gewählt worden war, beantragte er bei seinem Einsatzleiter eine Freistellung für die Teilnahme an den
Tarifverhandlungen am darauffolgenden Tag. Der Einsatzleiter verwehrte dem Kläger die Freistellung aufgrund
von Personalmangel. Hierauf kündigte der Kläger an, den zweiten Teil seines Dienstes eigenmächtig nicht
anzutreten, um an den Tarifverhandlungen teilzunehmen. Trotz Hinweis des Vorgesetzten auf seine Arbeitspflicht
erschien der Kläger, wie zuvor angekündigt, nicht zum zweiten Teil seines Dienstes und nahm stattdessen an den
Tarifverhandlungen teil.
Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung, da der Kläger nach ihrer Ansicht
mit seiner Selbstbeurlaubung schwerwiegend gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hatte.
Sowohl Arbeitsgericht als auch LAG wiesen die gegen die Kündigung gerichtete Klage ab. Das BAG bestätigte
diese Entscheidungen.
Unentschuldigtes Fehlen oder eine eigenmächtige Selbstbeurlaubung seien erhebliche Pflichtverletzungen, die
eine außerordentliche Kündigung begründen können. Es sei auch unerheblich, ob dem Kläger ein freier Tag oder
ein Anspruch auf Freistellung zugestanden hatte. Auch bei einem legitimen Urlaubsanspruch sei dieser gemäß
§ 7 BurlG vom Arbeitgeber zu genehmigen. Verweigert der Arbeitgeber die Genehmigung eines legitimen
Anspruchs, sei dieser zur Not per einstweiliger Verfügung durchzusetzen. Eine Selbstbeurlaubung sei hingegen
Selbstjustiz und könne als Arbeitsverweigerung eingestuft werden. Da der Kläger wusste, was er tat, sei auch
keine Abmahnung erforderlich gewesen.