Schadensersatz bei unterbliebener Zielvorgabe LAG Hessen, Urteil vom 30.04.2021
(Az.: 14 Sa 606/19)
Ausgabe 47 | Dezember 2021
Der Kläger, der bei der Beklagten als „Business Development Director“ beschäftigt war, begehrte Schadensersatz
auf Grund von nicht bzw. zu spät festgelegten Bonus-Zielen. Arbeitsvertraglich war eine erfolgsabhängige
Bonuszahlung in Höhe von 43.970,00 Euro bei 100 %iger Zielerreichung vereinbart. Die zu erreichenden Ziele
waren auszuhandeln und in einem Bonusplan festzuhalten. Gelang dies nicht, wurden die Ziele einseitig durch
die Beklagte festgelegt.
Für das Geschäftsjahr 2018 (1.9.2017 – 31.08.2018) übersandte die Beklagte dem Kläger erst am 29.01.2018
einen Vorschlag für einen Bonusplan. Als die darauffolgenden Verhandlungen erfolglos blieben, legte die
Beklagte die Ziele am 13.03.2018 einseitig fest. Am nächsten Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis
zum 30.06.2018 und stellte den Kläger von der Arbeit frei. Die gegen die Kündigung erhobene Kündigungsschutzklage
war erfolgreich.
Der Kläger verlangte für das Geschäftsjahr 2018 die Zahlung des vereinbarten Bonus in Höhe von
43.970,00 Euro. Nachdem das Arbeitsgericht dem Antrag des Klägers noch vollumfänglich entsprochen
hatte, sprach das LAG dem Kläger Schadenersatz in Höhe von lediglich 23.378,85 Euro zu.
Wegen nicht rechtzeitig erfolgter Zielvorgaben habe der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz nach den
§§ 280 I, III, 283, 252 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag. Nach Auffassung des LAG sei eine pflichtwidrig und
schuldhaft unterbliebene Zielvorgabe in gleicher Weise zulasten des Arbeitgebers schadensersatzauslösend wie
die pflichtwidrig und schuldhaft nicht abgeschlossene Zielvereinbarung, allerdings ohne dass ein Mitverschulden
des Arbeitnehmers in Betracht komme. Zwar sei vorliegend die einseitige Festsetzung der Ziele noch innerhalb
der Zielperiode erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch durch die Freistellung bereits Unmöglichkeit eingetreten,
so dass die Vornahme der Zielvorgabe nicht mehr erfüllungstauglich war. Offen ließ das LAG, ob allgemein von
Unmöglichkeit auszugehen ist, wenn – wie hier – mehr als die Hälfte des Geschäftsjahres bereits vergangen ist.
Hinsichtlich der Höhe des Schadenersatzes berücksichtigte das LAG als Grundlage den für den Fall der Zielerreichung
zugesagten Bonus. Daneben seien jedoch auch Umstände zu berücksichtigen, die gegen eine Zielerreichung
des Klägers sprechen. Zu diesen Umständen, die der Arbeitgeber dazulegen und beweisen hat, gehöre
es insbesondere, wenn der Arbeitnehmer auch in den Vorjahren die für ihn geltenden Ziele nicht erreicht hat.
Unter Berücksichtigung der Zielerreichungsquote der vergangenen Jahre ging das LAG von einem geschätzten
Zielerreichungsgrad von 53,17 % aus.