BAG AKTUELL: Betriebsrisiko in der Pandemie BAG, Urteil vom 13.10.2021 (Az.: 5 AZR 211/21)
Ausgabe 47 | Dezember 2021
Die Klägerin ist als geringfügig Beschäftigte bei der Beklagten im Verkauf tätig. Im April 2020 musste die Beklagte
ihr Ladengeschäft aufgrund einer Allgemeinverfügung zur Eindämmung des Coronavirus schließen.
Sie zahlte der Klägerin kein Entgelt für diesen Monat.
Die Klägerin hielt die Betriebsschließung für ein vom Arbeitgeber zu tragendes Betriebsrisiko und verlangte unter
dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs die Zahlung ihrer Vergütung.
Arbeitsgericht und LAG gaben der Klage statt. Die Revision der Beklagten hatte jedoch Erfolg.
Nach der Entscheidung des BAG hat die Klägerin keinen Anspruch auf Entgeltzahlung unter dem Gesichtspunkt
des Annahmeverzugs. Denn der Arbeitgeber trage nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn – wie hier – zum
Schutze der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2-Infektionen
durch behördliche Anordnung in einem Bundesland die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und nahezu
flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden.
In einem solchen Falle realisiere sich nicht ein in einem bestimmten Betrieb angelegtes Betriebsrisiko. Die
Unmöglichkeit der Arbeitserbringung folge vielmehr aus einem hoheitlichen Eingriff zur Bekämpfung einer die
Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage. Entstünden durch den Eingriff finanzielle Nachteile, sei es Sache
des Staates, diese gegebenenfalls adäquat auszugleichen. Soweit ein solcher adäquater Ausgleich – wie bei der
Klägerin als geringfügig Beschäftigter – nicht gewährleistet sei, beruhe dies auf Lücken im sozialversicherungsrechtlichen
Regelungssystem. Aus dem Fehlen nachgelagerter Ansprüche ließe sich jedoch keine Zahlungspflicht des
Arbeitgebers herleiten.