„Kettenbefristungen“ können trotz Vorliegens eines Sachgrunds unwirksam sein BAG, Urteil vom 18.07.2012 (Az.: 7 AZR 783/10)
Ausgabe 11 | September 2012
Das BAG hatte sich erneut mit der Frage der Wirksamkeit einer so genannten „Kettenbefristung“ zu befassen. Die Arbeitnehmerin war bei der Arbeitgeberin aufgrund von insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträgen von Juli 1996 bis Dezember 2007 beschäftigt. Die befristete Beschäftigung diente jeweils der Vertretung von Arbeitnehmern, die sich in Elternzeit oder Sonderurlaub befanden.
Nach § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags grundsätzlich zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Nach dem Gesetz liegt ein sachlicher Grund u.a. vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird.
Seine bisherige Rechtsprechung bekräftigend stellt das BAG zunächst fest, dass dem Sachgrund der Vertretung auch eine größere Anzahl der mit einem Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Verträge nicht entgegenstehen. Entscheidend sei allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Ein bei dem Arbeitgeber vorhandener ständiger Vertretungsbedarf schließe zudem den Sachgrund der Vertretung nicht aus.
Weiter führt das BAG mit seiner Entscheidung aus, dass allerdings unter besonderen Umständen die Befristung eines Arbeitsvertrages trotz Vorliegens eines sachlichen Grunds wegen rechtsmissbräuchlicher Ausnutzung der an sich eröffneten rechtlichen Gestaltungsmöglichkeit unwirksam sein kann. An einen solchen nur ausnahmsweise anzunehmenden Rechtsmissbrauch seien hohe Anforderungen zu stellen. Für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs können insbesondere eine sehr lange Gesamtdauer oder eine außergewöhnlich hohe Anzahl von aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen mit demselben Arbeitgeber sprechen.
Das BAG gelangt vorliegend zu dem Ergebnis, dass für die Befristung zwar der Sachgrund der Vertretung vorlag, die Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und die Anzahl von 13 Befristungen jedoch dafür sprechen, dass die Arbeitgeberin die an sich eröffnete Möglichkeit der Vertretungsbefristung rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hatte. Die Arbeitgeberin müsse daher besondere Umstände vortragen, die der Annahme des an sich indizierten Rechtsmissbrauchs entgegenstehen.